Radwegeplanung braucht konstruktive Bürgerbeteiligung

Nach der Beschlussvorlage 20201130 „Einleitungsbeschluss der Fortschreibung des Radverkehrskonzeptes“ für die Sitzung des Mobilitätsausschusses am 03.06.2020 soll bis Ende des Jahres 2020 ein Auftrag zur Fortschreibung der bestehenden Teilkonzepte des Radverkehrs an ein externes Ingenieurbüro vergeben werden. Ziel dieser Auftragsvergabe ist es, ein neues Radverkehrskonzept für Bochum zu erhalten, das für die nächsten zehn Jahre die Basis des weiteren Radverkehrsausbaus bildet.

Auf der Tagesordnung finden sich zudem zahlreiche Bürgereingaben zu konkreten Radverkehrsmaßnahmen sowie Mängeln im Radverkehrsnetz Bochum. Diese Anregungen belegen ebenso wie die im letzten Jahr von Radfahr-Organisationen wie „Radwende Bochum“ und „ADFC“ immer wieder durchgeführten Aktionen sowie die Anmerkungen hierzu in den Medien, welche Bedeutung dem Radverkehr in Bochum in Zeiten des Klimanotstandes und einer Verkehrswende bereits jetzt zukommt. Die Bochumer Bürgerschaft hat dies offensichtlich erkannt. Schließlich haben die an der 2019 abgehaltenen 3. Bürgerkonferenz Teilnehmenden mit großer Mehrheit erklärt, auf ÖPNV und Rad umsteigen zu wollen, sobald die Voraussetzungen hierfür in Bochum geschaffen sind.

Bochum scheint reif für die Radwende!

… weniger

Radwegeplanung geht aber nicht ohne Bürgerbeteiligung. Deshalb begrüßt das Netzwerk besonders, dass die Verwaltung eine Öffentlichkeitsbeteiligung wie selbstverständlich als einen zentralen inhaltlichen Baustein für die Erarbeitung eines neuen Radverkehrs-konzepts für Bochum ansieht und hierzu ausführt:

„Im Zuge der Erarbeitung wird selbstverständlich eine umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit, der Politik und der Radfahrverbände erfolgen. Dazu wird das Ingenieurbüro beauftragt, ein Beteiligungskonzept mit an die Aufgabenstellung angepassten Beteiligungsformaten zu entwickeln. Bei der Auswahl des Büros werden bei der Beurteilung der Referenzen die angewandten Beteiligungsformate als Qualitätskriterium berücksichtigt.“

Nun hat es in Bochum bereits mehrfach Versuche gegeben, auf konkrete Verfahren abgestimmte Beteiligungskonzepte zu erstellen. Die ausgewählten Formate kamen aber häufig zu spät zum Einsatz oder haben sich für eine konstruktive Bürgerbeteiligung nicht als geeignet erwiesen.

Die Auseinandersetzung um die Beteiligung an der Planung zur „Neugestaltung Bahnhof Wattenscheid“ hat gezeigt, dass die Kriterien für eine konstruktive Beteiligung vorher verbindlich festgelegt und bekannt gemacht werden müssen. In Wattenscheid wollte die Verwaltung von im Planungsverfahren „Gerthe-West“ mit Betroffenen, Politik, Verwaltung und externem Moderator bereits einmal festgelegten Kriterien abweichen. Aufgrund des vor Ort dadurch provozierten Protestes sah sich die Politik veranlasst, das Beteiligungskonzept noch entscheidend zu ergänzen.

Bei der aktuellen Auseinandersetzung um eine neue Trasse als Teilstück des „Emscher-Park-Radwegs“ in Grumme ist nochmals deutlich geworden, dass auch Radwegeplanung heutzutage nicht mehr ohne Bürgerbeteiligung vor Ort geht. In Grumme hat die Verwaltung über eine durch ein Waldstück geplante kombinierte Rad-/Fußweg-Trasse – dazu noch mit erheblichem Gefälle – erst informiert, als die Planung durch den RVR bereits stand und die Fördergelder bewilligt waren.

Auch Radwegeplanung braucht konstruktive Bürgerbeteiligung.

Das Netzwerk hat für die Sitzung des Mobilitätsausschusses am 03.06.2020 mit einer Eingabe nach § 24 Gemeindeordnung NRW eine Ergänzung der  Beschlussvorlage gefordert, damit während der Erstellung  eines neuen Radverkehrskonzepts eine frühzeitige, kontinuierliche und konstruktive Bürgerbeteiligung sichergestellt ist.

U.a. hat das Netzwerk gefordert:

  • Vorstellung des Vorhabens und Gespräche mit Bochumer Schlüsselakteuren aus den Bereichen Radverkehr und Bürgerbeteiligung vorab
  • Bürgerbeteiligung in jedem Stadium des Prozesses zur Aufstellung des Radverkehrskonzepts
  • Bürgerbeteiligung dezentral in den Stadtbezirken
  • Bürgerbeteiligung kontinuierlich online sowie vor Ort in den Stadtteilen mit Beteiligungsformaten, die einen Dialog auf Augenhöhe ermöglichen
  • kontinuierliche Information der Öffentlichkeit über Zwischenergebnisse
  • Berücksichtigung, Offenlegung und transparente Auswertung von Feedback, Kritik und Vorschläge aus der Bürgerschaft im gesamten Verfahren

Die vorstehenden Anforderungen sollen nach der Eingabe des Netzwerks zudem bereits bei der Auswahl der Büros für die Beurteilung der Referenzen für die anzuwendenden Beteiligungsformate als Qualitätskriterien berücksichtigt werden.

Schließlich soll konstruktive Bürgerbeteiligung auch bei den – außerhalb der Erarbeitung eines Radverkehrskonzepts – von der Verwaltung selbst zu bearbeitenden Themen wie Schulwegpläne und Fahrradparken an Schulen sowie Fahrradparken am Wohnort in Bochum zum Standard werden.