Wieder einmal: Weniger statt mehr Bürgerbeteiligung!

Im Planungsausschuss hat die Verwaltung vor einer Woche für eine Bebauung der „Bahntrasse Günnigfeld“ ein von einem Hildesheimer Investor in einem Investorenauswahlverfahren eingereichtes städtebauliches Konzept (Vorlage Nr.: 20220157) vorgestellt, das ein Bochumer Architekturbüro auf Basis einer städtebaulichen Rahmenplanung erstellt hat. Ausgewählt hat das Konzept ein mit Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke, Planungsamtsleiter Eckart Kröck sowie jeweils zwei Vertreter*innen der Bochumer Politik und der Deutschen Bahn besetztes Beratungsgremium.

Rahmenplanverfahren mit Beratungsgremien gab es in Bochum u.a. schon zu den „Westenfelder Feldern“ und zu „Gerthe-West“. Dort konnten die Betroffenen während der Ausarbeitung vom Erstentwurf über Zwischenergebnisse bis zum städtebaulichen Konzept jeweils Fragen stellen, Vorschläge machen und in Gutachten Einsicht nehmen. Und die örtlichen Initiativen und weitere Bürgerschaft waren im Beratungsgremium vertreten.

Und in Günnigfeld – von alledem nichts – stattdessen wieder einmal: Weniger statt mehr Bürgerbeteiligung!

Das vom Beratungsgremium empfohlene Konzept soll der Investor zwar vor Einleitung des Bebauungsplanverfahrens noch der Öffentlichkeit vorstellen. Dort sollen dann auch noch Hinweise zur weiteren Vertiefung der Planung gegeben werden können. Solche Investoren-Messen kennt das Netzwerk aber bereits aus den Beteiligungen zur „Charlottenstraße“ und zur „Schloßstraße“. Hier wird dann nur noch das bereits vorher mir der Verwaltung abgestimmte und werbewirksam mit bunten Animationsbildern verpackte Konzept vorgestellt, um möglichst schon Kaufinteressenten anzulocken. Die von der Planung Betroffenen konnten das Konzept dann für gut befinden – oder auch nicht. An dem Konzept ändert sich dadurch wenig – oder auch gar nichts.

Mit diesem Konzept zur „Bahnflächenentwicklung Günnigfeld“ sind für ein weiteres Vorhaben aus dem „Wohnbauflächenprogramm“ unbehelligt von Covid-19 die Weichen auf Schaffung von Baurecht gestellt. Auf der Strecke bleibt einmal mehr die Bürgerbeteiligung! 

Schon im Mai 2016 wurde der Grundstein für die Bahnflächenentwicklung in Günnigfeld durch eine Kooperationsvereinbarung u.a. zwischen Stadt Bochum und Deutsche Bahn gelegt. Im September 2019 nahm das Vorhaben dann mit der Rahmenplanung Fahrt auf. Im Juni 2021 durfte der Planungsausschuss die Politiker*innen für das Beratungsgremium benennen. Das nun vorgelegte städtebauliche Konzept muss jetzt nur noch das Bebauungsplanverfahren durchlaufen. Und die Öffentlichkeit erfährt hiervon erst durch einen Bericht in der Lokalpresse. So geht Bürgerbeteiligung in Bochum!

Recherchen des Netzwerks vor Ort haben ergeben, dass selbst die Pächter*innen der Kleingärten, die dem Bauvorhaben weichen sollen, erst durch die Lokalpresse über das Konzept informiert worden sind. Dabei hat die Verwaltung in ihrer Mitteilung für die Sitzung des Planungsausschusses im November 2019 (Vorlage Nr.: 20192940) noch ganz bürgernah angekündigt, den 14 Pächter*innen der auf Flächen der Deutschen Bahn gelegenen Kleingärten würden Ausgleichszahlungen geleistet und im Vorfeld sollten Ersatzangebote in räumlicher Nähe zum derzeitigen Standort gesucht werden.

Die Deutsche Bahn hat aber auf Empfehlung des Beratungsgremiums die Grundstücke noch 2021 an den Investor verkauft. Wer zahlt jetzt Ausgleichszahlungen und wer kümmert sich um Ersatzflächen? Ob dies auch in dem Kaufvertrag geregelt worden ist?