Rat stimmt Satzungsänderung zu – Bürgerbeteiligung bleibt auf der Strecke!

Dass sich Bochum mit freiwilliger Bürgerbeteiligung schwer tut, weiß das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung spätestens, seit die Verwaltung die gemeinsam mit den Initiativen vor Ort und dem Netzwerk zu „Gerthe West“ erarbeitete Vorzeigebeteiligung vor die Wand gefahren hat. Dass der Rat aber ein durch § 24 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) garantiertes Recht auf Mitwirkung in kommunalen Gremien für einen ganzen Sachbereich außer Kraft setzt, ist neu – so aber geschehen in der Sitzung am 25.03.2021.

Das Referat für politische Gremien, Bürgerbeteiligung und Kommunikation hatte den Auftrag, eine Satzungsänderung zu erarbeiten, dazu genutzt, einen Zusatz einzuarbeiten, durch den Anregungen und Beschwerden für mehr Bürgerbeteiligung zukünftig aus den Sitzungen der Bezirksvertretungen, der Fachausschüsse und des Rats verbannt sein sollen.

Dieser Vorlage hat der Rat mehrheitlich zugestimmt. Da half es auch nicht mehr, dass das Netzwerk in seiner Eingabe nach § 24 GO NRW auf das sowohl vor als auch nach der Wahl von Oberbürgermeister und Parteien mehrfach abgegebene Bekenntnis zu mehr Bürgerbeteiligung hingewiesen hat. Ob die Politik glaubt, bei der nächsten Kommunalwahl sei der Umgang mit einem Versprechen in der Wählerschaft ohnehin vergessen?

Bis dahin soll allein die Verwaltung Art und Umfang von Bürgerbeteiligung im Einzelfall festlegen. Mag das Format auch nur niederschwellige Information beinhalten, wie unter COVID 19 zu den Vorhaben „Schloßstraße“ und „Charlottenstraße“ praktiziert – die Verwaltung muss es nur als Bürgerbeteiligung bezeichnen und schon ist jede Eingabe für andere oder ergänzende Beteiligung unmöglich. Bei unzureichender Beteiligung sollen Anregungen und Beschwerden nur noch direkt in den Beteiligungsverfahren erfolgen. Dies ist doppelt fatal: Die politischen Gremien haben ab sofort nicht mehr die Chance, sich mit entsprechenden Eingaben zu befassen, und umgekehrt wird den Bürger*innen zugemutet, sich allein mit der Verwaltung auseinanderzusetzen.

Wie diese Verwaltung mit Beteiligung umgeht, hat sie mehrfach – zuletzt besonders nach-haltig zu „Gerthe-West“ – bewiesen. Und wie die Betroffenen – nicht nur in Gerthe – darauf reagiert haben und wohl auch weiterhin reagieren werden, zeigt ein Blick in die tägliche Berichterstattung in den Medien und die hierzu eingehenden Stellungnahmen aus der Bürgerschaft. Ob die Politik angesichts dieser Entwicklung gut beraten war, die Verwaltung immer wieder in Schutz zu nehmen oder gar – wie durch den grünen Fraktionschef in der Ratssitzung demonstriert – quasi einen Schulterschluss mit der Verwaltung zu vollziehen, muss stark bezweifelt werden.

Das Referat für Bürgerbeteiligung hat zumindest sein Ziel erreicht, die Befassung der Gremien mit Eingaben für mehr Bürgerbeteiligung für die Zukunft von vorneherein auszuschließen. Unmittelbare Mitwirkung der Bürger*innen durch Eingaben für mehr Bürgerbeteiligung gehört in Bochum seit dem 25.03.2021 der Vergangenheit an.

Wie angesichts dieser vom Referat für Bürgerbeteiligung eingeleiteten Einschränkung einer gesetzlich garantierten Beteiligung das nur vier Tage später für den 29.03.2021 onli-ne angesetzte Erste AkteursForum noch als Schritt hin zu mehr freiwilliger Bürgerbeteiligung verkauft werden kann, ist mehr als unklar. Themen der ersten Veranstaltung sollen vor allen Dingen Inhalte und Gestaltung einer beabsichtigten Online-Vorhabenliste und die dazugehörigen Informationen sein. Diese bisher mit dem Netzwerk sowie externen Initiativen und Organisationen erarbeitete Liste ist eins von drei Vorzeigeprojekten, die von der Stadt in ihrer Bewerbung zum „Bundespreis kooperative Stadt 2021“ (siehe hierzu https://session.bochum.de/bi/vo0050.asp?__kvonr=7080120 ) benannt worden sind.

Wie passt das alles zu einer Entscheidung im Rat, mit der ein gesetzlich garantiertes Mitwirkungsrecht für Eingaben außer Kraft gesetzt worden ist, die gerade auf mehr Bürgerbeteiligung gerichtet sind?

Aber die Verwaltung selbst kann sich wie immer beruhigt zurücklehnen – die Verantwortung tragen ja allein die gewählten Ratsmitglieder mit ihrer Entscheidung für die Satzungsänderung.