Am 15.07.2021 bereitet die Stadt Bochum eine Evakuierung von rund 2.500 Personen vor.
Aber es geht nochmal glimpflich ab – nur elf Häuser müssen vorsorglich evakuiert und stromlos geschaltet werden. Das Grabeland „Am Ruhrort“ hat seine Funktion als natürliches Regenauffangbecken erfüllt!
Wie wird es aber bei erneuten Starkregenereignissen und Ruhrhochwasser aussehen, wenn das geplante Bauvorhaben auf dem Grabeland umgesetzt und die jetzige Freifläche aufgeschüttet und versiegelt ist?
Die Anwohnerschaft befürchtet bei zukünftig eher noch häufiger und heftiger zu erwartenden Starkregenereignissen Überschwemmungen bis weit in den denkmalgeschützten Ortsteil von Dahlhausen hinein. Fachleute mehrerer Universitäten halten diese Befürchtungen für berechtigt.
Übermäßige Bodenversiegelung hat aber nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf den Wasserhaushalt bis hin zum Grundwasser. Auch das Kleinklima wird negativ beeinflusst. Stichworte sind hier Hitzeinseln, Frischluftversorgung, Verlust von wertvollem Boden und Artensterben. Und Bodenversiegelung ist nur schwer und mit hohen Kosten wieder rückgängig zu machen.
Bochum zählt bereits heute bundesweit zu den 10 Großstädten mit dem höchsten Anteil an versiegelten Flächen. Im Ruhrgebiet schafft Bochum es sogar auf Platz vier der Schlechtesten-Liste https://www.bo-alternativ.de/2021/08/18/deutschlandatlas-zeigt-viel-versiegelt-wenig-wald/m . Bochum täte also gut daran, sich jede weitere Versiegelung genau zu überlegen!
Die „Bochum Strategie“ sieht aber anders aus. Das „Handlungskonzept Wohnen“ will mehr Wohnungen. Und damit die Verwaltung dieses Konzept zügig umsetzt, hat der Rat 2018 das „Wohnbauflächenprogramm“ beschlossen. Das favorisiert „Bauen auf der grünen Wiese“. Dort können Investoren ihren Vorstellungen ungebremst nachgehen. Danach ist in allen Bochumer Bezirken die Bebauung von Grün- und Freiflächen und damit eine weitere Versiegelung des gesamten Stadtgebiets vorgesehen.
Die Reaktion darauf war bochumweiter Protest der Bürgerschaft. Betroffene Bürger*innen schlossen sich zusammen, weil sie viel zu spät informiert und schon gar nicht bei den Planungenbeteiligt worden waren.
Mit seiner Plakat-Aktion will das Netzwerk die drohende Versiegelung von weiteren Grün- und Freiflächen in Bochum sichtbar machen.
Das Netzwerk stellt heute gemeinsam mit Initiativen aus Gerthe, Dahlhausen, Linden, Wiemelhausen, Weitmar und Wattenscheid erste Plakate der bochumweiten Aktion an der Rathausglocke vor.
Auf allen Plakaten erscheint neben einer Auflistung der vom Netzwerk bochumweit ausgewählten 32 Vorhaben als weiteres gemeinsames Wiedererkennungsmerkmal die Forderung: Versiegelung stoppen, Bochum nachhaltig planen!
Zwecks Zuordnung der Plakate zu den einzelnen Flächen werden die einzelnen Vorhaben wie Gerthe-West, Am Ruhrort, Hinter der Kiste, Charlottenstraße, Schloßstraße oder Westenfelder Felder benannt. Für Dahlhausen wird das Plakat z.B. fordern: Am Ruhrort bleibt!
Die Aufnahme der einen oder anderen Fläche wird sicherlich eine Diskussion über die Schutzwürdigkeit gerade dieser Flächen auslösen. Aber auch das ist Ziel der Aktion!
Allen Verfahren ist nämlich der Konflikt zwischen Wohnungsneubau und Klimaschutz gemeinsam. Der Rat hat zwar den Klimanotstand für Bochum ausgerufen und der Verwaltung aufgegeben, jede Maßnahme auf seine Auswirkungen auf das Klima zu prüfen. Für die Verwaltung ist der Beschluss zum Klimanotstand aber nur ein symbolischer Akt. Das führt von vornherein zu einer Priorisierung des Wohnungsneubaus und verhindert jede echte Abwägung unter Klimaschutzgesichtspunkten.
Zwar soll noch eine Evaluierung des Handlungskonzepts Wohnen erfolgen. Ergebnisse dürften aber erst Ende 2022 vorliegen. Werden die Planverfahren fortgesetzt, wird es dann für viele der heutigen Grün- und Freiflächen schon zu spät sein.
Da hilft es auch nur wenig, wenn in der rot/grünen Koalition Gespräche darüber geführt werden sollen, zu welchen der von den GRÜNEN vor der Sommerpause ausgewählten acht Flächen Planungsverfahren vor der Evaluation des Handlungskonzeptes Wohnen begonnen und welche danach bewertet werden sollen.
Wenn bisher in allen Verfahren der Klimaschutz in der Abwägung nicht ausreichend gewichtet worden ist, müssen sämtliche vom Netzwerk angeführte Flächen unter Klimaschutzgesichtspunkten auf den Prüfstand – und angesichts der „Am Ruhrort“ sichtbar gewordenen Folgen des Klimawandels sofort!
Um diese Forderung bochumweit sichtbar zu machen, setzt das Netzwerk darauf, dass sich neben den Mitgliedern der einzelnen Initiativen weitere Bürger*innen an der Aktion beteiligen. Die Plakate sollen nicht einfach irgendwo im öffentlichen Raum aufgehängt werden. Die Idee ist, sie auf dem eigenen Grundstück, in Fenstern der eigenen Wohnung oder im eigenen Auto nach außen erkennbar anzubringen, um so als Teilnehmende an der Aktion auch für weitere Interessierte ansprechbar zu sein. Das Netzwerk verspricht sich von einem persönlichen Austausch zwischen den Menschen eine große Bereitschaft zur Unterstützung der Aktion. Ein im Stadtbild erkennbares breites persönliches Bekenntnis zur Klimawende erhöht den Druck auf Politik und Verwaltung, mit dem ausgerufenen Klimanotstand endlich ernst zu machen.
Wer mitmachen will, kann sich auf der Veranstaltung oder danach über das Netzwerk oder die Initiativen in den Stadtteilen Plakate bestellen.