Kohlenstraßen-Häuser nach „Verdachtsimmobilien-Kataster“ nicht abrisswürdig!

Die Häuser Kohlenstraße 135 – 145 erscheinen heute auf den ersten Blick verwahrlost.
Die Warnungen auf den Schildern an den Absperrgittern vor den Hofdurchgängen „Achtung – Einsturzgefahr! Betreten verboten! Lebensgefahr“ erwecken den Eindruck von „Schrottimmobilien“.
Bereits 2021 hat die Stadt im Räumungsverfahren gegen den letzten Mieter des Hauses Kohlenstraße 135, das sie nach erfolgter Zwangsräumung zusammen mit den Nachbarhäusern abreißen will, u.a. vorgetragen, die Gebäudesubstanz des Hauses sei völlig verbraucht, das Gebäude befinde sich in einem abrisswürdigen Zustand.
Sind die Kohlenstraßen-Häuser aber tatsächlich abrissreif?
Häuser, deren Zustand vernachlässigt erscheint, werden in Bochum seit 2013 in einem „Verdachtsimmobilien-Kataster“ erfasst (Präsentation „Problemimmobilien in Bochum“ für „Runder Tisch der Bochumer Wohnungsmarktakteure am 18. Oktober 2017“).
Bei der Erfassung negativ auffälliger Gebäude reicht die Qualität des äußeren Erscheinungsbildes von einem ersten Verdacht auf Vernachlässigung bis hin zu leerstehenden, stark verwahrlosten Objekten. Allen Eintragungen in das Kataster liegt eine Detailprüfung einschließlich einer Besichtigung vor Ort zugrunde. Jedes aufgenommene Gebäude erfährt eine individuelle Einstufung in eine städtische Handlungsmatrix.
Dafür wird eine Ampel mit den gängigen Farbabstufungen von „Grün“ für geringen Handlungsbedarf (trotz Vernachlässigung noch ausreichender Zustand) über „Gelb“ für mittleren Handlungsbedarf (selbst bei teilweiser Verwahrlosung noch Erhaltungsmöglichkeit) bis „Rot“ für hohen Handlungsbedarf (= Problemimmobilien, starke Verwahrlosung mit Schäden bis hin zum Verfall) verwendet. Für die Rangfolge wird ein aus den Bewertungskriterien abgeleiteter Indexwert von 1-30 für Grün, 31-70 für Gelb und 71-100 für Rot (= Problemimmobilien) errechnet.
Sämtliche Informationen und Einstufungen sollen auf einer „Plattform-Problemimmobilien“ bereitgestellt sein – es besteht aber offenbar kein allgemeiner Zugang. Mitteilungen zum aktuellen Stand des „Verdachtsimmobilien-Katasters“ erfolgen in den Gremien in der Regel nicht öffentlich.
Im Juni 2023 gab es aber im öffentlichen Teil der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses einen Gesamtüberblick über den aktuellen Sachstand zu Problemimmobilien in Bochum sowie zu zukünftig geplanten Maßnahmen („Sachstandsbericht Problemimmobilien“, Vorlage und Präsentation).
Danach zeigte die Ampel Stand 2/2023 für 13 Häuser „Rot“. Zur Identifizierung wurden ohne weitere Informationen folgende Straßennamen angegeben:
Auf dem Dahlacker, Hannoverstraße, Friedrich-Ebert-Straße, Günnigfelder Straße, Hagenstraße, Westenfelder Straße, Auf dem Helwe, Auf den Scheffeln, Unterstraße, Kassenberger Straße, Nöckerstraße.
Die Kohlenstraße war nicht benannt, die dortigen Häuser wurden also nicht als „Problemimmobilien“ eingestuft!
Das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung möchte wissen, wie diese Einstufung mit dem Vortrag im Räumungsverfahren, das Gebäude befinde sich in einem abrisswürdigen Zustand, und den Warnungen auf den Schildern vor den Hofdurchgängen vereinbar sein soll.
Angesichts des mittlerweile öffentlichen Interesses an der Frage der Abrissreife muss sich die Stadt zu diesem Widerspruch umgehend erklären – zumal ein Geheimhaltungsinteresse bei den stadteigenen Häusern ausscheidet.