Antrag auf Digitalisierung führt in die Irre!

Die Ratsfraktion „Bündnis Deutschland“ (BD) – 2020 noch als AFD-Fraktion in den Bochumer Rat eingezogen – hat zur Sitzung des Rates am 24.08.2023 beantragt, die Möglichkeit zu schaffen, Eingaben nach § 24 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) digital über die Webseite der Stadt Bochum einzureichen. In der Begründung wird behauptet, es gäbe „derzeit für die Form der Anregung und Beschwerden keine Online-Möglichkeit“. Gleichzeitig wird auf in anderen Städten bereits online zur Verfügung gestellte Formular-Anträge verwiesen. Damit soll offenbar der Eindruck erweckt werden, Eingaben könnten in Bochum nicht online eingereicht werden.
Richtig ist, in Bochum können Eingaben nach § 24 GO NRW online mit einfacher nicht signierter E-Mail eingereicht werden. Das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung wählt diesen Weg ständig, seit im Dezember 2021 mit Änderung der Gemeindeordnung die für Eingaben bis dahin erforderliche Schriftform durch Textform nach § 126b BGB ersetzt worden ist. Textform ist nämlich auch dann eingehalten, wenn Eingaben per einfacher E-Mail ohne Signatur eingereicht werden.
Auf der Seite der Stadt Bochum (bochum.de) wird auch darauf hingewiesen, dass Text-form ausreicht – auch wenn dieser Hinweis nur schwer zu finden ist, nämlich über „Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung“, weiter „Formen der Beteiligung“ und dann „Anregungen und Beschwerden“.
Die Verwaltung hat es aber leider bis heute versäumt, die zum Bestandteil der Hauptsatzung erklärte „Regelung des Verfahrens für die Vorbereitung und Abwicklung von Anregungen und Beschwerden gem. § 24 GO NRW und Anliegen bürgerschaftlicher Initiativen“ der Gesetzesänderung anzupassen. In der Verfahrensregelung heißt es in Punkt 2. immer noch: „Sämtliche Eingaben müssen schriftlich und unterschrieben, an die Stadt Bochum gerichtet werden.“ Auch hierdurch kann der falsche Eindruck entstehen, eine Eingabe per einfacher E-Mail sei unwirksam.
Die Hauptsatzung muss umgehend geändert werden. Das in Punkt 2. der Verfahrensregelung enthaltene Schriftformerfordernis muss durch einen Textform-Hinweis ersetzt werden. Eine bürgerfreundliche Regelung muss auch klarstellen, dass Eingaben deshalb einfach per Telefax, E-Mail ohne Signatur etc. eingereicht werden können.
Der Antrag auf Einrichtung eines Online-Formulars wie auch ein von der FDP-Fraktion eingereichter Antrag auf bessere Vermarktung von Beteiligungsformaten betreffen nur Nebenschauplätze für Bürgerbeteiligung in Bochum. Dem Rat liegt für die kommende Sitzung nämlich die von einer ganz großen rot/grün/schwarzen Koalition angestoßene Verwaltungsvorlage vor, mittels Änderung der Hauptsatzung das durch § 24 GO NRW garantierte, an Art 17 GG angelehnte kommunale Petitionsrecht erheblich einzuschränken. Die zuständigen Gremien sollen sich mit Eingaben nicht mehr befassen, wenn gesetzlich vor-geschriebene Beteiligungsformate gegeben oder bereits abgeschlossen sind. Dabei hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die zurzeit noch in der Hauptsatzung befindliche Regelung, nach der eine Befassung u.a. ausgeschlossen sein soll, wenn gesetzliche Beteiligungsverfahren vorgegeben sind oder durchgeführt wurden, auf Antrag eines Netzwerk-Mitgliedes bereits für unzulässig erklärt. Ist das kommunale Petitionsrecht aber erst für bestimmte Bereiche ausgehebelt, gehen Eingaben per Online-Vordrucken und Marketingideen zu Beteiligungsformaten weitgehend ins Leere.
Weil der Änderungs-Vorlage der Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht beigefügt war und sie nicht erkennen ließ, dass der vom Gericht für unwirksam erklärte Ausschluss des Petitionsrechts teilweise erhalten bleiben soll, hat das Netzwerk in den letzten Tagen die Mitglieder der anzuhörenden Bezirksvertretungen und die Ratsmitglieder auf die Problematik der Satzungsänderung hingewiesen.