Für die Ratssitzung am 30.03.2023 hatten Mitglieder des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung und Mitglieder von sieben Bochumer Bürgerinitiativen eine gemeinsame Eingabe nach § 24 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) zum Wohnungsbau in Bochum eingereicht. Sie wollen erreichen, dass alle Bochumer Wohnbauvorhaben gleichbehandelt werden. Deshalb sollen die Aktivitäten in sämtlichen zurzeit laufenden Bebauungsplanverfahren zum Wohnungsneubau so lange ausgesetzt werden, bis das in Überprüfung befindliche „Handlungskonzepts Wohnen“ fortgeschrieben und der „Klimaplan“ sowie das Konzept für eine „Global Nachhaltige Kommune“ beschlossen sind.
Das Referat für Bürgerbeteiligung der Stadt Bochum hat am 27.03.2023 mitgeteilt, von einer Befassung in den politischen Gremien sei abzusehen. Für Eingaben zu Bebauungsplänen seien gesetzlich geregelte Beteiligungsmöglichkeiten in den jeweiligen Bebauungsplanverfahren vorgesehen. Für Fälle, in denen ein besonderes Verfahren eröffnet ist, sei nach § 9 Abs. 4 Satz 2 Buchstabe h) der vom Rat beschlossenen Hauptsatzung der Stadt Bochum eine Befassung in den Gremien ausgeschlossen.
Heike Schick, Mitglied in der Bürgerinitiative „Grabeland Am Ruhrort“ sowie im Netzwerk, hat gegen die Verweigerung der Befassung das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingeschaltet.
Das Gericht hat der Stadt Bochum nun mit einstweiliger Anordnung vom 27.04.2023 (Beschluss siehe hier) aufgegeben, die Eingabe dem Haupt- und Finanzausschuss in seiner nächsten Sitzung zur Behandlung vorzulegen. Zu der Vorschrift in der Hauptsatzung, die angeblich die Vorlage der von Heike Schick eingereichten Eingabe ausschließen sollte, heißt es in der Entscheidung u.a.:
„§ 9 Abs. 4 Satz 2 lit. h der Hauptsatzung ist bereits als solcher nicht geeignet, das Recht der Antragstellerin auf sachliche Befassung mit ihrer Eingabe einzuschränken oder gar auszuschließen. Die Vorschrift erlaubt angesichts ihres ungenauen und beinahe uferlos-umfassenden Anwendungsbereichs keine klare Bestimmung der konkreten Verfahren, die einer sachlichen Befassung einer Eingabe durch das angegangene Gremium entgegen stehen sollen. ….. In dieser Pauschalität ist die in § 9 Abs. 4 Satz 2 lit. h der Hauptsatzung getroffene Regelung, auch angesichts der Bedeutung des an Art. 17 GG angelehnten kommunalen Petitionsrechts, weder mit § 24 GO NRW vereinbar noch wahrt sie den Grundsatz der Normenklarheit und -bestimmtheit.“
Die Gerichtsentscheidung ist eine derbe Niederlage für die Verwaltung, aber auch für die Ratsmitglieder, die im März 2021 der Aufnahme der Vorschrift in gerade dieser Fassung in die Hauptsatzung zugestimmt haben. Das Netzwerk hatte bereits damals darauf hingewiesen, das kommunale Petitionsrecht aus § 24 GO NRW dürfe durch die Hauptsatzung nicht ausgehebelt werden – auch nicht für bestimmte Bereiche.
Welche Schlüsse werden die Verantwortlichen in Verwaltung und Politik nun aus dieser Niederlage vor Gericht für den weiteren Umgang mit dem Netzwerk ziehen? Das Netzwerk und angeschlossene Bürgerinitiativen suchen weiterhin den Dialog – werden aber auch ihre Rechte geltend machen.