Klimaschädliche Vorhalte-Planung während der Überprüfung des „Handlungskonzepts Wohnen“ aussetzen!

Gerade noch hatte sich das Netzwerk erfreut über das Aus für den Bebauungsplan „Glockengarten“ gezeigt und sich im Planungsamt frischen Wind für den Klimaschutz erhofft, da bekräftigt die Verwaltung im  Bebauungsplanverfahren „Wilhelm-Leithe-Weg Süd“ das Festhalten an ihrer bisherigen Praxis: Wieder einmal soll eine Freifläche für Wohnungsneubau versiegelt und damit  das dortige Freilandklima mit seiner lokalen Bedeutung für die Bildung von Kaltluft beseitigt werden. Und zur Begründung wird weiterhin dem mit dem „Handlungskonzept Wohnen“ erteilten Auftrag zum Neubau von Wohnungen absoluter Vorrang vor dem Klima eingeräumt.

Dabei läuft für dieses 2017 beschlossene Konzept zurzeit der Prozess zur Evaluation und Fortschreibung. Dieser soll erst zum 4. Quartal 2023 abgeschlossen sein. Ob dann immer noch der Neubau von 800 Wohnungen im Jahr verlangt wird oder aber Wohn- raumaktivierung im Bestand – wie vom Netzwerk und weiteren 18 Organisationen mit der „Erklärung für eine sozial und ökologisch zukunftsorientierte Wohnungspolitik in Bochum“ gefordert – Vorrang einzuräumen sein wird, bleibt abzuwarten. Um so mehr verbietet es sich, schnell noch Vorhalte-Planungen aufzustellen. Das wollen aber offenbar die investierenden  Wohnungsbaugesellschaften. Vonovia und LEG haben – wie auch die VBW in Bochum – angekündigt, wegen steigender Baukosten, hoher Zinsen und unsicherer Förderbedingungen in diesem Jahr keine neuen Neubau-Projekte starten zu wollen. Die Entwicklungsarbeiten werden aber nicht eingestellt. Weiterhin soll  Baurecht geschaffen werden, um startklar zu sein, wenn die Rahmenbedingungen wieder passen. Warum sollte dies bei der Volksbank-Tochter „blueorange Development West GmbH“, die das Westenfelder Feld offenbar zur Vermarktung erschließen will, anders sein? Ist erst mal Baurecht geschaffen, geht auch ein neues Handlungskonzept ins Leere.

Deshalb fordert das Netzwerk für die Dauer des Fortschreibungsprozessesdie Aussetzung aller Planungen auf unversiegelten Freiflächen in Bochum. Vor Aufnahme der Planungen sind die im Wohnbauflächenprogramm ausgewiesenen Flächen – neben den Westenfelder Feldern u.a. auch der Schlosspark – unter Klimaschutzgesichtspunkten erneut auf den Prüfstand zu stellen.

In den Planunterlagen  „Wilhelm-Leithe-Weg Süd“ wird zwar die lokale Bedeutung des  Feldes für die Bildung von Kaltluft gesehen, deren  Einwirkungsbereich dann aber nach einer fachgutachterlichen Ersteinschätzung aus Mai 2020 auf die bestehende Bebauung entlang des Wilhelm-Leithe-Wegs beschränkt. Das Umwelt- und Grünflächenamt der Stadt Bochum hat hingegen im Juli 2022 in seiner Anhörung als Träger öffentlicher Belange die Fläche weiter als regional bedeutsamen Ausgleichsraum Freiland eingeordnet und betont, dass sich die Klimaverhältnisse auch bei u.a. geplantem hohen Grünflächenanteil und vorgesehener Dachbegrünung verschlechtern. Dies ist zwar auch im Umweltbericht von Januar 2023 angemerkt, wird dort aber wegen des angeblich eingeschränkten lokalen Einwirkungsbereichs nur als mittlere Auswirkung auf Klima und Luft eingeordnet.

Das Plangebiet darf nicht isoliert betrachtet werden. Auch im nördlich der Straße angrenzenden Plangebiet  „Wilhelm-Leithe-Weg Nord“ wird Bebauung geplant, durch die es zu einer Reduktion der dort produzierten Kaltluft kommen wird. Diese wird als gering und lokal bewertet. Wie aber wirken sich die Verschlechterungen im Zusammenspiel aus?