Faktencheck: Ökologische Aspekte zum Vorhaben „Am Ruhrort“ (01/2021)

4. Check: Klima


  • Kaltluftsammelgebiet

    In verschiedenen Stellungnahmen wird darauf hingewiesen, dass das Plangebiet mitten in einem Kaltluftsammelgebiet liegt und somit von einer weiteren Bebauung freizuhalten ist (siehe Vorlage 20202948, Anlage 6, Seite 57, Anlage 8a, Seite 10 sowie Anlage 8b, Seite 5 ). Das Umwelt- und Grünflächenamt stuft das Thema Kaltluftsammelgebiet als prioritär ein, wohingegen das Planungsamt die Bedeutung des Kaltluftsammelgebietes als untergeordnet bewertet, da die Funktion des Kaltluftsammelgebietes sowieso schon durch die bestehende Bebauung beeinträchtigt sei. 

    Der Umweltbericht bewertet am Ende die Beeinträchtigung des Klimatops als mittel bis bedingt erheblich (siehe Vorlage 20202948, Anlage 5, Seite 38).


  • Handlungskarte Klimaanpassung

    Die Handlungskarte Klimaanpassung weist das Plangebiet nicht nur als Zone 4 aus, sondern sieht in der unmittelbaren Nachbarschaft des Plangebietes 

    • im nordwestlichen Bereich ein Belastungsgebiet durch Industrieflächen, für die ein Maßnahmenkatalog u.a. Rückbau und Entsiegelung vorsieht.
    • im südwestlichen Bereich eine Hitzeinsel (Zone 1, Typ A).

    Der Versiegelungsgrad der Planfläche würde 52% betragen und wird als mittlere, bedingt erhebliche Beeinträchtigung bewertet (siehe Vorlage 20202948, Anlage 5, Umweltbericht, Seite 30, 38), die Beeinträchtigung des Klimatops als mittel bis bedingt erheblich.

    Auf diese Bewertung wird nicht eingegangen, was unter dem für Bochum ausgerufenen Klimanotstand fragwürdig erscheinen muss.

    Quelle: Klimaanpassungskonzept
    Legende (zur Vergrößerung bitte klicken)


  • Stellungnahme der Stabsstelle Klimaschutz

    Eine Stellungnahme der Stabsstelle Klimaschutz vom 16.03.2020 (siehe Anlage 8b, Seite 5) dokumentiert für das Plangebiet das Vorhandenseins eines Kaltluftvolumenstrom und erwartet mit der Umsetzung des Planvorhabens Auswirkungen auf das lokale Geländeklima und die klimatischen Austauschfunktionen.

    Zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen fordert die Stabstelle, dass das mikroklimatische Bestandsklima, sowie die lokalklimatische
    Regenerations- und Austauschfunktion erhalten bleiben soll und stellt Anforderungen an das Bauvorhaben.

    Auch erkennt die Stabstelle Klimaschutz, dass das Plangebiet in einem Überschwemmungsgebiet liegt (siehe 5. Check).

    Die Stabsstelle Klimaschutz empfiehlt, anhand eines Klimagutachtens vorab die zu erwartenden Auswirkungen auf das Plangebiet zu überprüfen.

    Die Stellungnahme der Stabstelle Klimaschutz wird weder in der Übersicht der eingegangenen Stellungnahmen (Anlage 8) aufgeführt, noch in der Abwägung berücksichtigt (Anlage 6). In der Folge wird auch nicht auf die dort erhobene Forderung nach einem Klimagutachten eingegangen.


  • Unsere Einschätzung / Bewertung …

    • … zum Kaltluftsammelgebiet

      Das Argument, dass die Funktion durch die bereits bestehende Bebauung sowieso schon gestört wäre und durch die geplante Bebauung wegen des großen Grünanteils keine wesentliche weitere Schädigung der Klimafunktion zu erwarten wäre, scheint nicht schlüssig: Wurde doch das Kaltluftsammelgebiet festgestellt, als die fragliche Bebauung schon bestand. Immerhin wird in der Anlage 5, Seite 38 der Vorlage 20202948 das Schutzgut Klimatop als mittlere – bedingt erhebliche – Beeinträchtigung eingestuft.


    • … zur Handlungskarte Klimaanpassung

      Insgesamt sehen wir in den Anlage 4 und Anlage 5 der Vorlage 20202948 eine langatmige und wenig überzeugende Argumentation, um den Widerspruch der Handlungskarte Klimaanpassung zum B-Plan 997 aufzulösen.


    • … zur Stellungnahme der Stabsstelle Klimaschutz

      IEine Ergänzung der Stellungnahme der Stabsstelle Klimaschutz in Anlage 6 (Abwägung) und Anlage 8 (Übersicht Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange) der Vorlage 20202948 empfiehlt sich bereits aus formeller Sicht. Insbesondere aus inhaltlichen Gründen muss die Stellungnahme der Stabsstelle Klimaschutz in die Abwägung berücksichtigt sowie der Forderung nach einem Klimagutachten gefolgt werden.

      Die Verwaltung stellt in der Abwägung zwischen der Handlungskarte Klimaanpassung und der Siedlungsentwicklung einen Widerspruch fest; wörtlich heißt es: „Der Belang der mit diesem Bebauungsplan geplanten Siedlungsflächenentwicklung steht im Widerspruch mit der Handlungskarte Klimaanpassung und somit potenziell auch im Widerspruch mit den Klimaschutzbelangen.“ Dann wird aber mit dem höherwertigen Ratsbeschluss zum Handlungskonzept Wohnen argumentiert und der Ratsbeschluss zum Klimanotstand als bloßer „symbolischer Akt“ (siehe Anlage 5 der Vorlage 20202948, Seite 34) klassifiziert.

      Die Verwaltung stellt sich damit gegen die Erklärung des Umweltbundesamts, wonach dieser Beschluss „exekutiven Charakter (erhält), wenn er von Parlamenten (Stadträten, Landtagen, etc.) verabschiedet wird. Eine solche Entscheidung markiert eine Gefährdungssituation und dringenden Handlungsbedarf auf der jeweiligen Verwaltungsebene.“ (siehe Umweltbundesamt).


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