Für das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung erklärt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt zu der für den 22. April 2020 in Bochum vor dem Rathaus geplanten Kundgebung:
Zurück auf die Straße!
Das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung wird
am 22.04.2020 von 14.00 Uhr bis 15.00 Uhr
auf dem Rathausvorplatz/Glocke (Willy-Brandt-Platz) unter dem Motto „Keine Planung ohne Bürger*innen!“ eine Kundgebung abhalten.
Das Netzwerk hat nach Ostern Gespräche mit dem Polizeipräsidenten Bochum und dem nach § 11 Abs. 2 Coronaschutzverordnung NRW für die Erteilung von Ausnahmen von dem allgemeinen Versammlungsverbot zuständigen Ordnungsamt der Stadt Bochum aufgenommen. Beide Behörden zeigten sich in den Gesprächen von Anfang an äußerst kooperativ. Offensichtlich war den in Bochum für die Sicherung des grundrechtlich geschützten Versammlungsrechts Verantwortlichen auch ohne die Entscheidung des Bundesverfassungsrechts vom 15.04.2020 bewusst, dass auch in Corona-Zeiten die Versammlungsfreiheit nicht vollständig aufgehoben ist.
Als Zwischenergebnis stand bereits zum Wochenende fest, dass die geplante Kundgebung stattfinden wird. Unklar ist zurzeit nur, in welchem Umfang. Es wird eine Begrenzung der Teilnehmerzahl geben. Strittig war auch, ob an die Stelle des Vermummungsverbots in Corona-Zeiten ein Mund-/Nasenschutzgebot und damit quasi ein Vermummungsgebot treten muss.
Sobald die Auflagen zur Ausnahmeverfügung und Anmeldebestätigung vorliegen, wird das Netzwerk diese bekannt machen.
Im Hauptausschuss stehen gerade am 22.04.2020 mehrere umstrittene Bauvorhaben u.a. die Bebauung an der Schloßstraße und der Edeka-Neubau in Weitmar auf der Tagesordnung.
Wie aber werden in Corona-Zeiten Entscheidungen in Bochum eigentlich getroffen?
Das Netzwerk musste feststellen: Die Termine für Bürgerbeteiligung werden ausgesetzt, politische Entscheidungsprozesse hingegen ohne Bürgerbeteiligung fortgesetzt. Entscheidungsbildung erfolgt vorab in Fraktionen/Parteien ohne Öffentlichkeitsbeteiligung, Entscheidungen werden dann zur Verminderung der Ansteckungsgefahr in den in Notbesetzung tagenden Gremien einer beschränkten Öffentlichkeit bekannt gegeben. Alle Vorlagen der Verwaltung werden unabhängig von der Frage ihrer Aufschiebbarkeit abgearbeitet.
Dieses Vorgehen ist aus der Bürgerschaft nachdrücklich kritisiert worden.
Am Bebauungsplan N. 964 – Schloßstraße lässt es sich exemplarisch darstellen:
Im Hauptausschuss soll dieser Plan am 22.04.2020 vorberaten werden. Der städtebauliche Entwurf wurde von der Verwaltung und dem Investor sowie dem von diesen beauftragten Architekten bereits in einem gemeinsamen Workshop erarbeitet. Die für den 22.04.2020 geplante erstmalige Information der Bürgerschaft in einer Bürgerversammlung musste wegen Ansteckungsgefahr abgesetzt werden. Ein neuer Termin ist nicht absehbar. Die Vorberatung im Hauptausschuss wird jedoch nicht abgesetzt. Vielmehr soll am 30.04.2020 der Rat die Fortführung des Bebauungsplans beschließen.
Damit der Protest auch noch bis zu der entscheidenden Ratssitzung am 30.04.2020 Wirkung entfalten kann, muss er gerade jetzt auf die Straße gebracht werden. Auch in Corona-Zeiten müssen grundrechtlich geschützte Versammlungen möglich sein, soweit sie zu keiner Erhöhung des allgemeinen Ansteckungsrisikos führen.
Es kann und darf nicht passieren, dass Politik und Verwaltung mit dem Argument, es müsse „Handlungsfähigkeit demonstriert werden“, Entscheidungen zu massiv umstrittenen Bauprojekten treffen und so über die Köpfe der Bürger*innen hinwegregieren.