Grabeland „Am Ruhrort“ bringt 3.000.000,00 Euro – Verwaltung verweigert Fragen hierzu im Rat!

Fehlende Transparenz in Grundstücksgeschäften, an denen die Stadt selbst beteiligt ist, kann leicht Nährboden für Spekulationen sein. Wird dann auch noch die Zwischeneigentümerstellung der stadteigenen WirtschaftsEntwicklungsGesellschaft Bochum mbH (WEG) am Grabeland „Am Ruhrort“ nicht offen gelegt, kann schnell der Eindruck entstehen, da sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen.

Mitglieder der Bürgerinitiative „Grabeland Am Ruhrort“ und des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung bemühen sich schon seit Anfang 2021 um mehr Transparenz in dem Geschäft mit dem Grabeland.

Nach dem Grundbuch stellt sich dieses Geschäft mit der Wilma Wohnen West Projekte GmbH (Wilma) so dar: Die notarielle Einigung für den Ankauf der Flächen durch die WEG erfolgte im Dezember 2017 an dem Tag, an dem auch bereits die notarielle Einigung für den späteren Eigentumsübergang auf Wilma erfolgte. Die WEG wurde im Juni 2019 als Eigentümerin eingetragen. Auf die Investorin ist das Eigentum erst am 16.08.2021 umgeschrieben worden.

Sowohl in der im Januar 2021 kurzfristig zurückgezogenen Begründung (dort Seite 11, Abschnitt 3.4) für einen Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan „Am Ruhrort“ als auch in der Begründung aus Juni 2021 (dort Seite 12, Abschnitt 3.4) für dessen erneute Auslegung heißt es hingegen: „Der überwiegende Teil des Plangebietes befindet sich im Eigentum der WILMA Wohnen West Projekte GmbH oder in deren Verfügungsgewalt.

Anfang 2022 versuchten Netzwerk und Bürgerinitiative erstmals, in der Fragestunde im Rat zu erfahren, warum im Bebauungsplanverfahren der Eindruck erweckt worden war, die Investorin sei bereits Eigentümerin, und welcher Kaufpreis von der WEG für das Zwischeneigentum und welcher Kaufpreis letztendlich von Wilma gezahlt worden ist.
Die Verwaltung hat die Fragen unter Verweis auf die Geschäftsordnung nicht zugelassen. Grundstücksgeschäfte hätten vertrauliche Inhalte, die nicht öffentlich gemacht werden dürften. Zudem gehe es um Geschäfte der WEG und nicht der Gemeinde.

In der Ratssitzung am 15.12.2022 liegt nun der WEG-Jahresabschluss 2021 vor. Nach der Beschlussvorlage 20223093 hierzu hat die stadteigene Gesellschaft für das Grabeland „Am Ruhrort“ 3.000.000 Euro erhalten (siehe unter III. Erläuterung III (2. Absatz) auf S.3).

Nachdem einer der Anfang 2022 noch geheim zu haltenden Kaufpreise nun öffentlich bekannt ist, haben Netzwerk und Bürgerinitiative für die Ratssitzung am 15.12.2022 nochmals Fragen zu den Angaben der Bauverwaltung in den Bebauungsplanunterlagen sowie zu dem von der WEG gezahlten Kaufpreis und der Berechnung des von Wilma gezahlten Kaufpreises angemeldet.

Fragen:

  1. Warum hat die Verwaltung die Zwischeneigentümerstellung der WirtschaftsEntwicklungsGesellschaft Bochum mbH (WEG mbH) an den zur Bebauung „Am Ruhrort“ vorgesehenen Grundstücken nicht von Anfang an offengelegt, sondern in Unterlagen zum Bebauungsplan (B-Plan) Nr. 997 erklärt: „Der überwiegende Teil des Plangebietes befindet sich im Eigentum der WILMA Wohnen West Projekte GmbH oder in deren Verfügungsgewalt.“
  2. Nach welchen Kriterien und wann ist der Bodenwert errechnet worden, der dem von der Investorin Wilma an die WEG mbH im Jahre 2021 gezahlten Kaufpreis von 3.000.000 zugrunde gelegt worden ist?
  3. Welchen Kaufpreis hat die WEG mbH aufgrund kaufvertraglicher Einigung aus dem Jahr 2017 an die Voreigentümerin P-D refraktories GmbH gezahlt?

Hintergrund:

In der erneuten Auslegung zum B-Plan Nr. 997 – Am Ruhrort – im Juni/Juli 2021 heißt es in der Begründung (Stand 14.06.2021) auf Seite 12 wie schon in der im Januar 2021 kurzfristig zurückgezogenen Begründung zum Bebauungsplan (Stand Dezember 2020, dort auf Seite 11) :

„Der überwiegende Teil des Plangebietes befindet sich im Eigentum der WILMA Wohnen West Projekte GmbH oder in deren Verfügungsgewalt. Die westlich innerhalb des Plangebietes als private Grünflächen festgesetzten Flächen sind Eigentum des angrenzenden gewerblichen Betriebes.“

Das Grundbuch wies am 14.06.2021 als Eigentümerin der für die Bebauung vorgesehenen Grundstücke „Am Ruhrort“ seit Juni 2019 die zu100% der Stadt Bochum gehörende WirtschaftsEntwicklungsGesellschaft Bochum mbH (WEG mbH)aus. 

Erst im Mai 2021 war für die Grundstücke eine Eigentumsvormerkung auf die Investorin Wilma eingetragen worden.

Ohne Grundbucheinsicht war nicht erkennbar, dass die Stadt Bochum über ihre WEG mbH über Jahre die Grundstücke für die Investorin vorgehalten hat.

In einem Gespräch Anfang Juni 2021 mit der Anliegerschaft haben Bauverwaltung und Investor auf die Frage, wer denn nun Eigentümer sei, geantwortet, es gäbe einen Zwischeneigentümer, der solle aber nicht bekannt gegeben werden.

Der Pressesprecher der WEG mbH erklärte auf Anfrage eines WAZ-Redakteurs, es sei nicht das erste Mal, dass die WEG mbH Grundstücke ankaufe und für diese dann einen Investor suche. Das sei eine übliche Vorgehensweise (WAZ vom 30.06.2021).

Bei den Grundstücksgeschäften „Am Ruhrort“ hat die WEG mbH diese angeblich übliche Vorgehensweise aber gerade nicht eingehalten.

Die notarielle Einigung für den Ankauf der Flächen durch die WEG mbH erfolgte ausweislich des Grundbuchs im Dezember 2017 an dem Tag, an dem auch bereits die notarielle Einigung für den Eigentumsübergang auf die Investorin, die Wilma Wohnen West Projekte GmbH erfolgte.

Die Investorin stand also bereits von Anfang an fest, er musste nicht mehr gesucht werden – und der spätere Eigentumsübergang auf diese Investorin war bereits vorbereitet.

Die Investorin Wilma GmbH ist ausweislich des Grundbuchs erst am 16.08.2021 aufgrund Auflassung vom 20.12.2017 als Eigentümerin eingetragen worden.

In der Vorlage für den vom Rat am 04.02.2021 beschlossenen Wirtschaftsplan 2021 für die WEG mbH ist zu den zu erwartenden Grundstücksverkäufen ausgeführt:

„Die im Jahresvergleich hohen Erlöse aus Grundstücksverkäufen (Ziff. 1c) betreffen in 2020 und 2021 die ….. sowie das Grundstück Am Ruhrort.“ 

Nun liegt der Jahresabschluss 2021 für die WEG mbH zur Beschlussfassung in der Sitzung des Rates am 15.12.2022 vor. In der Vorlage heißt es u.a.:

„Die Erlöse aus Grundstücksverkäufen sind gegenüber dem Vorjahr von 1.881 T€ auf 7.540 T€ gestiegen und betreffen insbesondere die Verkäufe des Projektes Am Ruhrort (3.000 T€), …….“.    

Schon im Dezember 1997 hat der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz Hossiep anlässlich des Verkaufs eines städtischen Grundstücks am Ruhrpark an einen bekannten TV-Moderator in einem Gespräch mit der WAZ-Redaktion gefordert, gerade in einem so sensiblen Bereich wie dem Verkauf städtischer Grundstücke dürfe einer Stadtverwaltung auch nicht der kleinste Fehler unterlaufen. Er regte die Bildung eines Grundstücksausschusses an – nicht nur als sinnvolle Einrichtung zur Kontrolle städtischer Grundstücksverkäufe, sondern auch, um mit einem solchen Kontrollmittel in der Bevölkerung wieder um Vertrauen zu werben. (WAZ vom 20.12.1997)

Deshalb ist die Berechnung des an die WEG mbH gezahlten Kaufpreises von 3.000.000 € ebenso wie der zunächst von der WEG mbH gezahlte Kaufpreis offen zu legen. Falls die Verwaltung erklären sollte, sie kenne den Kaufpreis nicht, muss sie die Auskunft von der WEG mbH anfordern. Die WEG mbH erfüllt die kommunale Aufgabe der Wirtschaftsförderung für die Stadt Bochum. In dieser Funktion hat sie Auskunft zu geben. Die WEG mbH kann die Auskunft nicht verweigern. Bildung von privaten Gesellschaften, die zu 100% der Kommune gehören, darf nicht dazu führen, dass Grundstücksgeschäfte intransparent werden.

Die Verwaltung hat diese wiederum nicht zugelassen (siehe hier …). Es handele sich um Fragen zu Grundstücksgeschäften und dann auch noch zu solchen von Dritten.
Warum der an die stadteigene Gesellschaft gezahlte Kaufpreis öffentlich gemacht wird, der von dieser gezahlte aber geheim bleiben muss, ist nicht erklärt worden – ebenso wenig, warum unsere berechtigte Frage zu allgemein zugänglichen Angaben der Bauverwaltung im Planverfahren eine vertrauliche Angelegenheit oder eine solche Dritter betreffen soll.

Das Netzwerk wird sich um weitere Aufklärung bemühen.